Krieg im Hochgebirge Krieg im Hochgebirge

Die Kriegsfront in den Dolomiten war für beide Kriegsparteien eine nie dagewesene Herausforderung. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde ein Krieg für einen längeren Zeitraum im Hochgebirge geführt. Weder Soldaten noch Waffen waren für die Stellungen in fast unerreichbaren und unzugänglichen Höhen ausgebildet und geeignet. Transportwege und Strukturen im Hochgebirge wurden auf österreichischer Seite erst in mühsamer Arbeit, oft mithilfe russischer und serbischer Kriegsgefangener, errichtet. Dabei kamen neue Technologien, wie beispielsweise das Telefon zum Einsatz. Damit wurde eine ständige und schnelle Verbindung zwischen den Frontstellungen und den rückwärtigen Kommandos möglich. Um diese effiziente Kommunikation zu verhindern, versuchte man die Telefonlinien auf der feindlichen Seite anzuzapfen und abzuhören. Den Soldaten war es deshalb aufs Strengste verboten, geplante Aktionen in Telefongesprächen zu erwähnen; es wurde daher in verschlüsselter Sprache und unter Verwendung zahlreicher Geheimcodes kommuniziert.
Zudem erlaubten neue technologische Mittel, wie die Aufklärung durch Flugzeuge oder Scheinwerfer und Beleuchtungssysteme, selbst im Hochgebirge genaue Beobachtungen der feindlichen Bewegungen.
In diesen Zeitraum fiel zudem die Geburtsstunde der Flugabwehr. Sie versuchte, derartige Aufklärungen oder Angriffe aus der Luft zu behindern. Selbst die Scheinwerfer wurden oft zur Zielscheibe des feindlichen Beschusses, oder sie wurden durch andere Reflektoren abgelenkt und damit verdunkelt. Neben dem Telefon erprobte man auch andere Kommunikationssystem, so etwa den Heliograf, ein Art Telegraf, der den Morsecode nutzte und durch Spiegel gelenkte Lichtblitze absandte.1Diario Brigata Marche, AUSSME_B1_133S_583c, 10 agosto 1915.
Die Verwendung moderner Artillerie und Geschütze im Gebirge war weitaus gefährlicher als in der Ebene. Ein Granatenbeschuss konnte Geröll von den Felswänden lösen, das ebenso lebensgefährliche Situationen und tödliche Verwundungen zur Folge haben konnte wie der Beschuss selbst.
Die Wirkung und die Folgen des eigenen Beschusses auf feindliche Stellungen wurden genaustens beobachtet und dokumentiert. So beschreibt das Tagebuch des Infanterieregiments 59 „Erzherzog Rainer“, wie sich ein solcher Artillerieangriff und Gegenangriff abspielte: „30. Dezember 1915: Um 3h v[or]m[ittags] besteigt eine Patrouille bestehend aus H[au]pt[mann] Petritsch und 2 Artilleristen die Spitze des Toblinger Knotens, stellt die telephonische Verbindung her und beobachtet für die tragbare Gebirgshaubitze und das 4. Geschütz, welche um 5h v[or]m[ittags] das Feuer auf den Sextenstein eröffnen und die Deckungen vollständig zusammenschiessen […] Die Besatzung des Sextensteines, ca. 40 Mann verlassen fluchtartig die Stellungen und ziehen sich auf den Südabfall des Sextensteines zurück. Die Italiener dürften Verwundete gehabt haben, nachdem Leute beobachtet wurden, welche von Andern hinuntergeführt wurden. Um 6h v[or]m[ittags] wurde das Feuer der eigenen Batterie eingestellt. Die Italienische Batterie am Paternsattel erwidert das Feuer mit ca. 20 Schuss auf den Toblinger Knoten, ohne Erfolg. Um 8h30 v[or]m[ittags] beziehen die Italiener vorsichtig ihre Stellungen wieder.“2Kriegsarchiv Wien, Kriegstagebuch des Infanterieregiments 59, Eintrag vom 30. Dezember 1915, S. 131.
Im Tagebuch des 8. Bersaglieri-Regiments des italienischen Heeres werden am selben Tag in lakonischem Ton die Verluste bestätigt: „Das feindliche Artilleriefeuer am Sextenstein trifft acht Bersaglieri, von denen einer nach wenigen Stunden stirbt.“3Diario dell’VIII Reggimento Bersaglieri, AUSSME_B1_137S_1748c, 30 dicembre 1915.

(GF, SK)

Kriegsarchiv Wien, Kriegstagebuch des Infanterieregiments 59, Eintrag vom 30. Dezember 1915, S. 131.

Diario dell’VIII Reggimento Bersaglieri, AUSSME_B1_137S_1748c, Archivio dell’Ufficio storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.

Diario Brigata Marche, AUSSME_B1_133S_583c, Archivio dell’Ufficio storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.