Paternkofel Paternkofel

Der Paternkofel war nicht nur Schauplatz des tragischen Todes von Sepp Innerkofler im Juli 1915, sondern wurde in den darauffolgenden Kriegsjahren auch zu einem Dreh- und Angelpunkt der italienischen Verteidigung. Auf dem Gipfel wurde ein leistungsstarker 60-cm-Scheinwerfer installiert1Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Progetto di difesa della sottozona Lavaredo-Toblinger, AUSSME_B1_110D_23A, Carteggio del 1° Corpo d’Armata, luglio 1916., mit dem das Umfeld ausgeleuchtet werden konnte, insbesondere die schmale Grenzlinie zwischen dem Sextenstein und dem Toblinger Knoten. Dieser Scheinwerfer wurde auch in den Tagebüchern der Militärabteilungen oft erwähnt.2Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Diario comando III sottosettore, AUSSME_B1_130s_87e, 11 febbraio 1917.
Im Juli 1916 ordneten das Kommando des 1. italienischen Armeekorps (General Segato) sowie jenes der Genietruppen (Pioniere) des 1. Armeekorps (General Moris) die Planung eines Stollens durch den Paternkofel an, mit dem eine für die Österreicher nicht einsehbare sowie vor deren Artellerie sichere Verbindung zwischen dem Toblinger Riedl und der Passportenscharte hergestellt werden sollte. Ursprünglich sollte der Stollen nur als überdachter Laufgraben dienen, doch später wurde das Vorhaben erweitert und verbessert, sodass er schließlich auch zum befestigten Posten mit Artilleriestellungen wurde. Im August 1916 wurde in der Nähe der Scharte mit den Arbeiten begonnen.3Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Diario 16° Compagnia Minatori, AUSSME_B1_146-4_152f, 9 agosto 1916. In den Kompanietagebucheinträgen der nächsten Monate ist der Fortschritt der Arbeiten verzeichnet (so kam man etwa am 19. August bei einem Querschnitt von 1,65 x 2 m fünf Meter voran, und für die Ceretti-Seilbahn, die vom Pian del Cavallo bis zum Eingang verlaufen sollte, wurden die Stützen aufgestellt. Am 25. August waren 25 Meter realisiert, am 8. September 32 Meter, am 4. November 115 Meter, am 1. Dezember wurde ein Marelli-Gebläse mit einem 5-PS-Borgo-Motor für die Belüftung installiert und eine 40-PS-Ingersoll-Bohrmaschine für die Bohrungen eingesetzt). Danach kamen die Arbeiten wegen mehrerer Unfälle und aufgrund winterlicher Witterungsbedingungen, die für den Transport des benötigten Materials ungünstig waren, nur schleppend voran. Anfang Jänner wurde außerdem festgestellt, dass die Richtung des Stollens nicht richtig war und die Neigung geändert werden musste.4Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Diario 16° Compagnia Minatori, AUSSME_B1_146-4_152f, 1 gennaio 1917. Die 16. Mineurkompanie (16° Compagnia Minatori), die mit dem Bau des Stollens begonnen hatte, wurde im Frühling, als umfangreichere Arbeiten möglich wurden, anderweitig eingesetzt und von der 137. Sappeurkompanie (137° Compagnia Zappatori) abgelöst. Oberleutnant (später Hauptmann) Cristofori, zuständig für den Bereich „Genie“ (militärisches Ingenieurwesen / Pioniertruppen) auf dem Drei Zinnen-Plateau und erster Planer des Stollens, wurde an die Technische Direktion für Luftfahrt in Turin abberufen – im Mai 1917 daher ein neuer technischer Leiter für die Bauarbeiten im Kampf-Unterabschnitt (sottosettore) bestimmt: Ing. Ernesto Galeazzi, Hauptmann der Reserveartillerie, der die zweite Hälfte des Stollens plante und dann die entsprechenden Arbeiten beginnen ließ.5Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Diario 137° Compagnia Zappatori, AUSSME B1_145-d_87d, aprile-maggio 1917.
Während des Stollenbaus wurden, gemäß der Planung eine Öffnung gegen das Rienztal und sechs Öffnungen gegen die Bödenseen angelegt, die später mit Artilleriestellungen in den Kavernen ausgestattet werden sollten. Im Stollen sollte ein Warentransportsystem eingerichtet werden, bei dem die Wagen an einer Schiene an der Decke (Hängebahn) angebracht wurden, damit Nachschub und Munition schnell transportiert werden konnten.6Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Vie e mezzi per trasporto di materiali alla posizione Toblinger-Sexten, Carteggio del 1° Corpo d’Armata, Genio, Sistemazione difensiva, AUSSME_B1_110D_34A, 18 agosto 1917; Segato, La Galleria del Paterno, S. 2138.
In der Zeit von Juni bis September 1917 wurden etwa 400 Meter Stollen ausgehoben, durchschnittlich mehr als drei Meter täglich.7Segato, La Galleria del Paterno, S. 2154. Die Arbeiten konnten am 20. September 1917 beendet werden. In einer Depesche des Geniekommandos für den Kampfabschnitt in Casoni Crociera ist festgehalten: „Um 23:45, nur 32 Stunden nach Einrichtung der Verbindung zwischen Paternkofel und Sella del Dito Grosso [gemeint ist der Sattel beim Frankfurter Würstl; Dito Grosso = Frankfurter Würstl] wurde ein letzter Tunnelabschnitt zwischen besagtem Sattel [also der Sella del Dito Grosso] und dem Toblinger Riedl eröffnet, womit die gesamte Verbindung zwischen Paternkofel und Toblinger Riedl selbst nun endgültig steht. Alle, die zur Vollendung dieses beschwerlichen Unterfangens beigetragen haben, feiern mit Freude und Stolz dessen erfolgreichen Abschluss“.8Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Schema della sistemazione difensiva M.Paterno – Sextenstein, Carteggio del 1° Corpo d’Armata, Genio, Sistemazione difensiva, AUSSME_B1_110D_34A. Am 10. Oktober erhielten sämtliche an den Arbeiten beteiligte Abteilungen ein offizielles Lob des Kommandos der 4. Armee.9Istituto Storico e di Cultura dell’Arma del Genio, Roma, Depositi esplosivi e comunicazione coperta fra il M. Paterno e Toblinger Riedel, ISCAG_cart_014, Guerra Italo-Austriaca 1915-1918. Inschriften und Ehrentafeln für den italienischen König und die am Bau beteiligten Abteilungen (23. Infanterie, 50. Infanterie, 8. Bersaglieri, 5. Genie, 2. Gebirgsartillerie, 183. Belagerungstruppe) wurden an beiden Eingängen des Stollens angebracht.10Segato, La Galleria del Paterno, S. 2143–2145. Einzig die Fertigstellung der Hängebahn für den Warentransport stand noch aus, doch der Stollen war mit seinen 670 Metern Länge (wenn man die drei Abschnitte von jeweils 260, 280 und 130 Metern in ihrer Gesamtheit betrachtet) vollständig begehbar.11Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Schema della sistemazione difensiva M.Paterno – Sextenstein, Carteggio del 1° Corpo d’Armata, Genio, Sistemazione difensiva, AUSSME_B1_110D_34A.
Ende Oktober 1917 erlitten die Italiener jedoch die allseits bekannte verheerende Niederlage bei Caporetto, worauf ihr Rückzug erfolgte. Es wurde beschlossen, den eben erst eingeweihten Stollen nicht den Österreichern zu überlassen: Am 3. November wurde er in Erwartung der weiteren Entwicklung vermint (Diario 137° Compagnia Zappatori, AUSSME B1_145-d_87d, 3 novembre 1917).12Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Diario 137° Compagnia Zappatori, AUSSME B1_145-d_87d, 3 novembre 1917.
Zwei Tage später erhielt Oberleutnant Prando von der 137. Sappeure-Kompanie den Befehl, die Cengia-Brücke in Brand zu setzen, sämtliche motorbetriebene Seilbahnen zu sprengen und die beiden Minen, die sich bereits im Paternstollen befanden, „mit äußerst zerstörerischer Wirkung“ zu zünden, wodurch der Eingang am Südhang blockiert und ein Kavernenabschnitt teilweise unter Wasser gesetzt wurde.13Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma, Diario 137° Compagnia Zappatori, AUSSME B1_145-d_87d, 5 novembre 1917. Heute ist ein Teil des Stollens über die Klettersteigroute zum Gipfel des Paternkofels begehbar.14Kübler und Reider, Kampf um die Drei Zinnen, S. 162–163.

(GF)

Kübler, Peter und Hugo Reider (1997). Kampf um die Drei Zinnen. Das Herzstück der Sextener Dolomiten 1915-1917 und heute. Bozen: Athesia.

Segato, Luigi (1926). La Galleria del Paterno, Rivista di Artiglieria e Genio, 65° annata. Roma: Arti Grafiche Ugo Pinnarò.

Diario comando III sottosettore, AUSSME_B1_130s_87e, Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.

Diario 137° Compagnia Zappatori, AUSSME B1_145-d_87d, Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.

Diario 16° Compagnia Minatori, AUSSME_B1_146-4_152f, Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.

Progetto di difesa della sottozona Lavaredo-Toblinger, AUSSME_B1_110D_23A, Carteggio del 1° Corpo d’Armata, Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.

Depositi esplosivi e comunicazione coperta fra il M.Paterno e Toblinger Riedel, ISCAG_cart_014, Guerra Italo-Austriaca 1915-1918, Istituto Storico e di Cultura dell’Arma del Genio, Roma.

Vie e mezzi per trasporto di materiali alla posizione Toblinger-Sexten, Carteggio del 1° Corpo d’Armata, Genio, Sistemazione difensiva, AUSSME_B1_110D_34A, Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.

Schema della sistemazione difensiva M.Paterno – Sextenstein, Carteggio del 1° Corpo d’Armata, Genio, Sistemazione difensiva, AUSSME_B1_110D_34A, Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.