Toblinger Knoten Toblinger Knoten

Der Toblinger Knoten gehörte zu den zentralen Beobachtungs- und Verteidigungsposten der österreichischen Kampflinie auf dem Dreizinnenplateau. Die Stellungen am Toblinger Knoten in über 2.500 Meter Höhe lagen den italienischen Unterständen am Sextenstein in einer Entfernung von nur ca. 300 Metern gegenüber und waren bestens geeignet, die Vorgänge und Arbeiten des Feindes zu beobachten und mit der eigenen Artillerie zu stören. Auch am Toblinger Knoten selbst wurden ausgedehnte Kampfanlagen, Stollen und Geschützkavernen errichtet, die laufend erweitert und verbessert wurden.
Der Toblinger Knoten diente als Ausgangspunkt für Patrouillengänge, wie dem Kriegstagebuch des Infanterieregiments 59 „Erzherzog Rainer“ vom 31. Oktober 1915 zu entnehmen ist: „[…] 9h n[ach]m[ittags]: Eine stärkere Patrouille der 2. Komp[anie] ging von der Stellung am Toblinger Knoten gegen den Sextnerstein vor, gelangte bis auf die Spitze und bemerkte, dass am Südhang bereits wieder die Italiener eingenistet sind. Die Patrouille ging nach Mitternacht nochmals und wurde von den Italienern am Südhange beschossen.“1Kriegsarchiv Wien, Kriegstagebuch des Infanterieregiments 59, Eintrag vom 31. Oktober 1915, S. 89.
Um derartige Beobachtungen von den italienischen Truppen unbemerkt durchführen zu können, waren gefährliche Kletterpartien in den Felsen notwendig. Ab Herbst 1915 wurden unter der Führung des klettergeübten Feldkuraten Josef Hosp des Innsbrucker Standschützen Baon I verschiedene Aufstiegsmöglichkeiten mit dem Ziel auf der Toblinger Knoten Spitze einen ständigen Artilleriebeobachtungsposten einzurichten, ausgekundschaftet. Der dafür geeignete Platz fand sich am Ostgipfel. Ende Dezember wurden die ersten Telefonleitungen auf den Gipfel verlegt und Anfang 1916 mit dem Bau eines Weges und Beobachtungspostens begonnen. Der Bau der Hütte musste in mühsamer Arbeit in der Nacht durchgeführt werden, damit die italienischen Posten, die mit ihren Scheinwerfern den Berg ableuchteten, nichts bemerkten. Die Arbeit in dieser Höhe war für die Soldaten und Arbeiter allerdings äußerst gefährlich. So wurde am 13. Jänner 1916 während des Baus eines Seilbahnaufzuges eine Steinlawine ausgelöst, die einen Soldaten der Pionierabteilung tötete.
Der Aufenthalt in dieser Höhenstellung gestaltete sich besonders bei schlechtem Wetter sehr schwierig. Schneestürme wehten Lauf- und Schützengräben zu, welche in mühevoller Arbeit frei gehalten werden mussten. Kappten die Seile des Materialaufzuges, blieben die Soldaten für einige Zeit ohne Versorgung.
Ab März 1916 übernahm die 3. Kompanie des Standschützen Baon Innsbruck I die Stellungen am Toblinger Knoten. Mit dabei war auch der Innsbrucker Historiker Richard Heuberger, der diese als „landschaftlich wohl eine der schönsten Stellungen der Tiroler Front“ beschrieb. In einem Brief vom 6. Mai 1916 berichtet er über seinen Einsatz: „Das Interessanteste ist, wenn die Reihe an einen kommt, auf den Beobachtungsposten zu gehen, der von 3 Mann auf je 3 Tage bezogen wird. Der Posten ist oben auf einem schneidigem Felsgipfel 80 Meter über unserer Stellung. Leitern und Seile leiten hinauf zum kleinen Hüttl, daß sie immer vergeblich mit Schrapnells zu erreichen suchen und vom Beobachterstand, von wo aus man die ganzen italienischen Stellungen überblickt und direkt von oben auf etwa 350 Meter Entfernung in die uns gegenüberliegende Stellung schießen kann, was wir eifrig tun, so daß die Italiener schon sehr vorsichtig geworden sind. Neulich hatte ich auch Gelegenheit mit 2 Kameraden eine sehr interessante Rekognoszierungskletterei bei Nacht und Nebel zu machen […]“2Feldpostbrief, 6. Mai 1916, in: Klub-Nachrichten des Akademischen Alpen-Klub Innsbruck, Nr. 73 (Kriegsnachrichten Nr. 21), S. 4f.
Persönliche Berichte dieser Art geben einen guten Einblick in den Kriegsalltag im Gebirge und sind eine wichtige Quelle für die Erforschung dieses besonderen Kampfabschnittes.

(GF, SK)

Kübler, Peter und Hugo Reider (1997). Kampf um die Drei Zinnen. Das Herzstück der Sextener Dolomiten 1915-1917 und heute. Bozen: Athesia.

Kriegsarchiv Wien, Kriegstagebuch des Infanterieregiments 59, Eintrag vom 31. Oktober 1915, S. 89.

Heuberger, Richard (1928). Akademische Legionen Der Innsbrucker Universität. In Die Universität Innsbruck. Aus Geschichte Und Gegenwart. Innsbruck: Verlagsanstalt Tyrolia, S. 51–99.

Feldpostbrief, 6. Mai 1916, in: Klub-Nachrichten des Akademischen Alpen-Klub Innsbruck, Nr. 73 (Kriegsnachrichten Nr. 21), S. 4f.

Der Toblinger Knoten aus Sicht der Italiener

In einem Bericht des 1. italienischen Armeekorps wird der österreichische Stützpunkt wie folgt beschrieben:
„Der Toblinger Knoten, an dem an den beiden Hängen der Boden[bach] und die Rienz entspringen, bildet zwischen den beiden Talabschlüssen eine Art Brücke, die uns von unseren Linien leichten Zugang zu jenen des Feindes gewährt. Daher wurde er sehr auf die Verteidigung ausgerichtet, indem einiges in den Felsen hineingebaut wurde und er weiters mit Bombarden sowie klein- und mittelkalibriger Artillerie ausgestattet wurde.“3Monografie del I Corpo d’Armata – Genio – Sistemazione difensiva, AUSSME_B1_110D_23A. Konkret wird die Verteidigung am Toblinger Knoten in einer im Februar 1917 verfassten Notiz wie folgt beziffert: „3 Maschinengewehre, 2 Bombarden, 2 Revolverkanonen, 1 Scheinwerfer (Reflektor).“4Probabile sistemazione forze nemiche, ISCAG_cart_704.
Zu den erwähnten Bombarden sind in den Tagebüchern der italienischen Abteilungen zahlreiche Hinweise auf menschliche Verluste zu finden, die durch diese Waffen verursacht wurden – so waren etwa an einem einzigen Tag im Jahr 1917 1 Toter, 3 Schwerverwundete und 11 Leichtverwundete, von denen 2 später ihren Verletzungen erlagen, zu beklagen.5Diario comando III sottosettore, AUSSME_B1_130s_87e, 26 maggio 1917. Außerdem wird häufig berichtet, dass Wachen am Sextenstein vom Gipfel des Toblinger Knotens mit Gewehrfeuer unter Beschuss genommen wurden und die italienische Artillerie, die oft versuchte, Bauarbeiten im dortigen Bereich zu verhindern, daraufhin das Gegenfeuer eröffnete. Nach dem ersten Versuch eines Angriffs auf den Toblinger Knoten im August 1915 wurden im darauffolgenden Winter weitere Pläne erwogen, die jedoch aufgrund fehlender Männer und Einsatzmittel nicht umgesetzt werden konnten.6Allegati Diario I Corpo d’Armata, AUSSME_B1_110D_3A.

(GF, SK)

Allegati Diario I Corpo d’Armata, AUSSME_B1_110D_3A, Archivio dell’Ufficio storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.

Diario comando III sottosettore, AUSSME_B1_130s_87e, Archivio dell’Ufficio storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.

Monografie del I Corpo d’Armata – Genio – Sistemazione difensiva, AUSSME_B1_110D_23A, Archivio dell’Ufficio storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, Roma.

Probabile sistemazione forze nemiche, ISCAG_cart_704, Istituto Storico e di Cultura dell’Arma del Genio, Roma.