Es ist nicht einfach, Genaueres über den Alltag der Soldaten an der Drei Zinnen Front zu erfahren, wenn man nur offizielle Quellen wie die Tagebücher der Abteilungen, Berichte und Depeschen berücksichtigt. Um einen Eindruck vom täglichen Leben der Soldaten auf dem Dreizinnenplateau zu bekommen, müssen sowohl visuelle Quellen, als auch persönliche Tagebücher oder Briefe von der Front oder auch Details zur Infrastruktur berücksichtigen werden.
So bietet etwa der Alpini-Soldat Paolo Barzan in seinem persönlichen Tagebuch einen beeindruckenden Blick in den Alltag an der Front, der von Religiosität, Krieg, Propaganda und der Freude über eine warme Mahlzeit geprägt ist.
„Heute haben wir unsere villetta [die Offiziersbaracke, deren Bau am 23. August begonnen worden war] eingeweiht, und unser Pfarrer zelebrierte die Heilige Messe. Beim San[k]tus feuerte unsere Kanone acht Schüsse ab. Am Ende der Messe hielt unser Pfarrer, also Don Pietro, eine wunderbare, äußerst patriotische Predigt. Ich dachte mir: Don Matteo ist hervorragend in seinen Predigten, aber unser Don Pietro, der schon Priester der Alpini genannt wird, ist nicht weniger gut. An diesem Tag spendierten uns unsere Offiziere eine Sonderration, also Polenta und Bac[c]alà [Stockfisch] und einen halben Liter Wein.“1Archivio Diaristico Nazionale, Pieve Santo Stefano, Diario dell’alpino Paolo Barzan, ADN_MG/T3, 12 settembre 1915. So wurde sogar eine Mahlzeit im Hochgebirge zu einem Ereignis, das es im Tagebuch festzuhalten galt!
Weitere „Alltagsinformationen“ sind inoffizielle Fotos oder Zeichnungen, so etwa eine seltene Zeichnung von Lodovico Pogliaghi, die die Soldaten in einem Moment der Erholung in ihrer Baracke zeigt: ein ungewöhnliches Bild für Pogliaghi, der vom italienischen Generalstab als Kriegsmaler entsandt worden war, um den Alltag im Schatten der Drei Zinnen in höchst patriotischen Bildern zu glorifizieren und für die Nachwelt festzuhalten, und der üblicherweise bevorzugt die majestätischen Dolomitenlandschaften sowie die „denkwürdigeren“ Ereignisse darstellte.2Pogliaghi, Riposo nella baracca [Erholung in der Baracke], MCRR_VED14_42.
Außerdem sind da noch jene unverzichtbaren Einrichtungen wie Bäder und Latrinen, die in der offiziellen Dokumentation kaum an prominenter Stelle erwähnt werden, allerdings in unmittelbarer Nähe jedes Lagers und jeder Baracke zu finden waren. Manchmal hatten sie ironische Namen – so wurde etwa eine Latrine am Nordhang des Toblinger Knotens in den österreichischen Quellen als „Villa d’Annunzio“ bezeichnet. In der Steinhart-Galerie östlich des Innichriedls ist die Latrine noch heute, mehr als ein Jahrhundert nach ihrem Bau, in einer der für die Schützen gegrabenen Nischen zu sehen.
Diario dell’alpino Paolo Barzan, ADN_MG/T3, Archivio Diaristico Nazionale, Pieve Santo Stefano.
Pogliaghi, Lodovico, Riposo nella baracca, MCRR_VED14_42, Museo Centrale del Risorgimento di Roma.
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