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Das Forschungsprojekt

Das aus dem Fonds „Research Südtirol/Alto Adige 2019“ finanziert Forschungsprojekt „In die Landschaft eingeschrieben. Orte, Spuren, Erinnerungen. Der Erste Weltkrieg in den Sextener Dolomiten“, untersuchte in einem multidisziplinären Ansatz die Spuren, die die tragischen Ereignisse des Ersten Weltkriegs in der Landschaft des Drei Zinnen-Gebietes und in den Erinnerungen der Menschen hinterlassen haben. Die komplexe und vielschichtige Geschichte, die materiellen Spuren und die generationsübergreifenden Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg sind ein „leidvolles“ und „dissonantes“ Erbe für die Bewohner eines Gebiets, das heute vorwiegend als UNESCO-Weltnaturerbe und attraktive Tourismusregion wahrgenommen wird. Das Projekt erforschte über die Dichotomie von Natur- und Kulturerbe hinausgehend, die Komplexität der Dolomitenlandschaft sowie die noch lebendigen Erinnerungen an den Krieg, die mit den Stätten und Orten verknüpft sind. Zudem soll das Bewusstsein für das widersprüchliche und oft ideologisierte Erbe, das diesem Gebiet eingeschrieben ist, über regionale und nationale Grenzen hinweg gefördert werden.

Ziele

Während des Ersten Weltkriegs errichteten sowohl die österreichisch-ungarische als auch die italienische Armee auf dem Drei Zinnen-Plateau ein komplexes System aus militärischen Infrastrukturen. Deren Spuren sind in der ikonischen Gebirgslandschaft noch immer sichtbar. Das Aufspüren, die Dokumentation und die Erforschung derselbigen bot die Möglichkeit, komplexe Schichtungen der Landschaft und ihre Geschichte aufzuzeigen. Landschaft und Krieg sind eng mit den Erinnerungskulturen der lokalen Bevölkerung und insbesondere der Ortsgemeinschaft von Sexten verwoben. Die von den Kriegsereignissen im Hochgebirge arg in Mitleidenschaft gezogene Heimatfront wurde in den offiziellen Darstellungen oft marginalisiert und wissenschaftlich kaum erforscht. Das Dorf Sexten wurde 1915 beinahe vollständig zerstört und seine Bewohner wurden zwangsevakuiert; erst nach dem Krieg wurde das Dorf wiederaufgebaut. Mit seiner komplexen Geschichte war es ebenfalls Forschungsgegenstand des Projektes.

Methodik

Das Projekt verknüpfte die Dokumentation und Erforschung der zahlreichen materiellen Spuren des Krieges – wie Schützengräben, Stellungen, Kavernen, Wege, Seilbahnen, Unterkunftsbaracken, Lager, Inschriften, Versorgungsstrukturen usw. –, die sich in die Landschaft eingeschrieben haben, aber oft nur schwer identifizierbar und deutbar sind, mit der Untersuchung kollektiver und individueller Erinnerungen an die Kriegsjahre, als Teil der Geschichte der lokalen Familien und Gemeinschaften. Dabei wurde mit verschiedenen methodischen Ansätzen gearbeitet, wie der Konfliktarchäologie, der historisch-archivalischen Forschung und Dokumentation, der soziokulturellen Forschung mit Beteiligung der lokalen Gemeinschaften für die Koproduktion und Verbreitung eines gemeinsamen Erbes.

Vermittlung der Forschungsergebnisse

Die Resonanz des Projekts und seines innovativen Ansatzes war auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene sowohl in akademischen Kreisen als auch in der Zivilgesellschaft positiv. Für die Vermittlung der Forschungsergebnisse wurden daher unterschiedliche Formate gewählt: Eine Ausstellung (Ehem. Talstation Helmbahn, Sexten, 7.08–25.09.22), eine internationale wissenschaftliche Tagung (Sexten, 2.-4.09.22), die Veröffentlichung der Tagungsbeiträge und eine eigene Projekt-Webseite, die der Öffentlichkeit eine aussagekräftige Zusammenfassung der Forschungsergebnisse leicht zugänglich macht. Auch partizipative Veranstaltungen, Führungen und Rundgänge wurden durchgeführt sowie eine mobile Wander-App iniziert, die den Besuch der Projektstandorte beschreibt. Die Vermittlungsformate ermöglichen sowohl der lokalen Bevölkerung und den Besuchern als auch der Wissenschaft einen kritischen Blick auf das dissonante und konfliktreiche Erbe der Kriegslandschaft und fördern gemeinsames Wissen und soziale Beteiligung.